INFORMATIONEN ZUR TIEFEN HIRNSTIMULATION FÜR PATIENTEN

Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist eine von mehreren Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Bewegungsstörungen, wie Morbus Parkinson, Dystonie oder Tremor. Sie wird dann durchgeführt, wenn die medikamentöse Behandlung nicht oder nicht mehr ausreichend ist und erfordert eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Neurologen und Neurochirurgen. Nicht alle Patienten kommen für diese Therapieform in Frage; die Entscheidung wird in einem sorgfältigen Untersuchungsprogramm von spezialisierten Fachärzten in einem Implantationszentrum getroffen. Informationen zu einem THS-Zentrum in Ihrer Nähe finden Sie hier.

Die Tiefe Hirnstimulation kann die Erkrankungen nicht heilen, sie kann aber eine deutliche und lang anhaltende Linderung der Symptome bewirken. Sie verbessert die Beweglichkeit und damit die Lebensqualität. Ferner kann man nach eine THS Operation die bestehende Medikation und ggf. durch sie bedingte Nebenwirkungen regelhaft deutlich reduzieren. Für die Zukunft hat man dann im Krankheitsverlauf nicht nur wieder mehr Möglichkeiten hinsichtlich der medikamentösen Optimierung, sondern auch zwei Optionen der Therapieanpassung, die Medikation und die Stimulation.

DIE OPERATION „TIEFE HIRNSTIMULATION“

Bei der Tiefen Hirnstimulation wird unter örtlicher Betäubung ein kleines Bohrloch, je nach Symptomausprägung in einer oder beiden Hirnhälften, in der Schädeldecke angelegt. Mit Hilfe eines sogenannten stereotaktischen Rahmens, der um den Kopf des Patienten gespannt wird und hohe Zielgenauigkeit garantiert, wird dann je eine vierpolige Elektrode mit einem Durchmesser von ca. 1,3 mm in das oder die Bohrlöcher eingeführt. Der genaue Zielpunkt wird zuvor durch eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) festgelegt. Für Patienten mit Morbus Parkinson liegt der Zielpunkt meist in der Substantia nigra (STN) oder im Globus pallidus (GPi), für Patienten mit Dystonie im Globus pallidus und für Patienten mit essentiellem Tremor im Nucleus ventralis intermedius (VIM) des Thalamus.

Nach Einführen der Elektrode/n werden über ein Testsimulationsgerät elektrische Signale abgegeben und die damit zusammenhängenden Effekte vom behandelnden Neurologen begutachtet und optimiert. Bei Patienten mit Morbus Parkinson wird dieser Eingriff meist unter örtlicher Betäubung vorgenommen, da dann durch die Mitarbeit des Patienten erforderlich, um mögliche Nebenwirkungen, wie Kribbeln, Sprechstörungen, Augenbewegungsstörungen oder Muskelverkrampfungen festzustellen und vermeiden zu können. Nur bei optimaler Position der Elektrode kann ein gutes Ergebnis erzielt werden! In Einzelfällen kann die Operation aber auch in Vollnarkose (ITN) stattfinden.

Ist die optimale Stimulationsposition gefunden, werden die Elektrode/n unter Röntgenkontrolle endgültig platziert. In einem zweiten Schritt wird dann unter Vollnarkose der Hirnschrittmacher (Impulsgeber=IPG) links oder rechts knapp unter dem Schlüsselbein implantiert. Er wird mit einem dünnen Kabel, das unter der Haut vorgeschoben wird, an die im Gehirn liegende/n Elektrode/n angeschlossen. In einigen Kliniken erfolgt die Implantation des Hirnschrittmachers direkt nach der Elektrodenimplantation. Andere Kliniken schließen die Elektroden zunächst an ein externes Testgerät an, um die Wirksamkeit der Stimulation zu prüfen und führen den zweiten Eingriff 2-7 Tage nach dem ersten Eingriff durch.

Nach der erfolgreichen Implantation werden von außen mit Hilfe eines Programmiergerätes die optimalen Einstellungen mittels Funkübertragung getroffen. Durch die Möglichkeit der Nacheinstellung der Stimulationsparameter wirkt der Hirnschrittmacher einem Nachlassen des Therapieeffektes entgegen.

Es gibt nicht-wiederaufladbare (Batterie) und wiederaufladbare (Akku) Hirnschrittmacher (Impulsgenatoren). Wiederaufladbare Impulsgeneratoren haben den Vorteil der längeren Haltbarkeit, müssen aber entweder alle 1-2 Tage 10-20 Minuten oder 1x/Woche etwa 1-2 Stunden vom Patienten selbst zu Hause aufgeladen werden. Dies geschieht über eine Art Gürtel und kann bspw. beim Essen, Hausarbeiten, Fernsehen oder Lesen getan werden. Bei nicht-wiederaufladbaren Impulsgeneratoren ist nach 3-5 Jahren ein Austausch des in der Regel unter dem Schlüsselbein implantieretn Impulsgebers in örtlicher Betäubung nötig, da dann die Wirkung der Batterie nachlässt. Wiederaufladbare Geräte müssen erst nach voraussichtlich 20-25 Jahren ausgetauscht werden. Für den Austausch ist nur ein kleiner Hautschnitt unter dem Schlüsselbein erforderlich, der meist ambulant durchgeführt wird. Ein Eingriff am Kopf ist nicht nochmals nötig! Bei den regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen wird die einwandfreie Funktion des Hirnschrittmachers überprüft.

Der Patient hat die Möglichkeit, mit Hilfe eines kleinen Handgerätes das Implantat selbständig ein- und auszuschalten und ggf. in Absprache mit dem Arzt auch auch die Stimulationsparameter selbst zu verändern.

Folgende Voruntersuchungen sind in der Regel nötig:

  • bildgebende Verfahren zur Untersuchung des Gehirns,

  • psychologische Untersuchungen,
  • Überprüfung des Allgemeinzustandes des Patienten (Internistische Erkrankungen, Operationsfähigkeit),
  • bei Parkinson-Patienten: Eine standardisierte Beurteilung der Parkinsonsymptome mit und ohne Medikation (Levodopa-Test).

In sehr seltenen Fällen kann es durch die Operation zu Komplikationen, wie Blutungen im Gehirn oder Austritt von Hirnwasser oder Infektionen kommen. Der Patient wird vor der OP durch den betreuenden Arzt über die Operation und die damit zusammenhängenden Risiken aufgeklärt. Verglichen mit anderen Hirnoperationen ist das Risiko, einen dauerhaften Schaden durch den Eingriff zu erleiden, mit 1-3% sehr gering.

Die Tiefe Hirnstimulation gehört inzwischen zum Leistungskatalog der gesetzlichen und privaten Krankenkassen und ist bei der Behandlung von Bewegungsstörungen seit über 20 Jahren etabliert. 1995 wurde sie für die Behandlung des Tremors und 1998 für die Behandlung von Morbus Parkinson zugelassen. Die Behandlung von Dystonien mit der Tiefen Hirnstimulation ist dagegen noch relativ neu, die bisherigen Erfahrungen sind jedoch sehr gut.

Die Dauer des Krankenhausaufenthalts variiert von einigen Tagen bis wenigen Wochen, je nach Zustand des Patienten.

NACH DER OPERATION

Nach der Operation schließt sich eine Phase der Rehabilitation an, währenddessen die Stimulation weiter optimiert wird, die Medikamentenanpassung erfolgt und aktivierende Therapien wie Physiotherapie oder Logopädie durchgeführt werden.

Wie nach jeder anderen Operation ist es ratsam, sich in den ersten Wochen nach der OP nicht übermäßig anzustrengen. In den ersten drei Monaten nach der OP sollte kein Kraftfahrzeug geführt werden.

Grundsätzlich sollten vor allem Sportarten, die mit heftigen Kopferschütterungen einhergehen, vermieden werden, ansonsten gibt es kaum Einschränkungen. Da das Stimulationssystem unter der Haut implantiert ist, sind auch Schwimmen oder Sauna möglich.

Allerdings müssen in der Nähe elektromagnetischer Felder Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden: Untersuchungen mit Magnetresonanztomographie (MRT) oder Tiefenwärmebehandlungen dürfen bei Hirnschrittmacherpatienten nicht oder nur in Ausnahmefällen und unter Berücksichtigung besonderer Sicherheitskriterien angewendet werden! Einige Schrittmachertypen sind MRT fähig, müssen aber vor und nach einer MRT Untersuchung umprogrammiert werden. Die üblichen Haushaltsgeräte und die Benutzung von Handys stellen keine Gefahr für die Funktionstüchtigkeit des Neurostimulators dar.

Wichtig ist es, dass Sie immer Ihren Implantationsausweis mit sich führen und alle betreuenden Ärzte und Therapeuten über das Implantat informieren.

Regelmäßig sollten Nachsorgeuntersuchungen in Abständen von 3-6 Monaten erfolgen.